Oftmals verbergen sich noch andere Gefühle hinter der Wut. Eine Kränkung zum Beispiel oder Hilflosigkeit in einer unangenehmen Situation (wenn du deinem Chef, seinen Vorstellungen und vielleicht sogar seinen Launen ausgeliefert bist und glaubst, dich nicht wehren zu können). Das schmeisst dein System ordentlich durcheinander.
Wut versetzt den Körper in Alarmbereitschaft. Die Atmung verändert sich, der Blutdruck und die Herzfrequenz steigen, Stresshormone werden ausgeschüttet. Das Blut wird umverteilt, raus aus dem Verdauungstrakt, rein in die Muskeln. Die brauchen jetzt alles an Kraft und Energie, wenn du gleich um dein Leben rennen oder kämpfen musst. Da das in der Realität aber ja nicht wirklich stattfindet, d.h. du wirst weder kämpfen noch rennen, wird die Energie, die mobilisiert wurde, nicht verbraucht. Sie staut sich innerlich an und wird zur Blockade. Langfristig steigt der innere Druck, Konzentration, Ruhe, und auch die Gesundheit leiden immer mehr.
Sichtbare Veränderungen
Die Veränderungen, die mit dir passieren, wenn du auf Wutmodus schaltest, gehen aber noch weiter. Deine Mimik ändert sich. Der Blick wird stechend, die Augenbrauen ziehen sich zusammen, die Lippen werden schmal, pressen sich aufeinander, die Zähne werden zusammengebissen. Das alles passiert innerhalb von Sekundenbruchteilen. Wut ist eine der schnellsten Emotionen, die wir haben. Die Reaktion ist deshalb unmittelbar in der Mimik zu sehen, schwer zu verbergen und das ist auch der Grund, warum wir zornige Gesichter viel schneller erkennen als freundliche. Dahinter könnte sich nämlich Gefahr verbergen. Wut ist oft gekoppelt mit Aggression und da kann es wichtig sein, schnell zu reagieren.
Umgang
Ist Wut da und wird auch herausgelassen, dann kann der Druck heraus, das innere System beruhigt sich. Die bereitgestellten Energien werden verbraucht. Allerdings ist das eben oft nicht möglich, die Emotionen werden unterdrückt. Wut wird nicht gerne gesehen. Sie kann Beziehungen und Arbeitsverhältnisse belasten, man gilt gerne auch mal als charakterschwach, wenn man sich nicht im Griff hat und einfach gehen lässt. Die Stressbelastung ist vorprogrammiert, das limbische System, eines der ältesten Bereiche in unserem Hirn, ist daueraktiv.
Wo kommt´s denn her?
Ihren Ursprung hat die Wut in einem der ältesten Teile des Hirns, dem Mandelkernkomplex, auch Amygdala genannt. Die wird im Ruhezustand von der denkenden Großhirnrinde im Stirnbereich gehemmt. In einer Situation aber, die intuitiv, also blitzschnell, als „Notfallsituation“ bewertet wird, hat die Großhirnrinde keine Chance mehr. Das uralte Notfallsystem springt an. Über Augen und Ohren gelangt die Reizinfo in den Thalamus, dem unter anderem die Aufgabe der Informationsweiterleitung im Gehirn zukommt. Der schickt die Info sowohl an die Großhirnrinde, als auch an die Amygdala. Kommt diese wiederum zu dem Schluss, dass Gefahr besteht, entscheidet sie, ob wir Angst oder Wut bekommen. Sie setzt den hemmenden Stirnbereich schachmatt und aktiviert das Alarmsystem des Körpers. Diese Info wird zwar auch an die Großhirnrinde geschickt, aber diese Bahn ist deutlich langsamer als die die des limbischen Systems. Wir können vor Wut explodieren, lange bevor wir in der Lage sind, die Großhirnrinde einzuschalten und wieder klar zu denken. Das System ist auf Autopilot.
Rauslassen
Wie geht man also am besten damit um. „Wegerziehen“, wie schon gesagt, (siehe hier), geht nicht, unterdrücke ist nicht gesund und funktioniert auf Dauer eben auch nicht. Was also tun. Eine erste Entlastung kann tatsächlich sein, die Wut herauszulassen, sobald sich eine passende und „ungefährliche“ Gelegenheit ergibt. Im stillen Kämmerlein, im Wald, am Boxsack. Allerdings besteht hier die Gefahr, dass auf Dauer eine Verknüpfung von Wut und Aggression stattfindet, die ja eben nicht erwünscht ist. Um die wut kurzfristig untr Kontrolle zu bringen hilft es, durchzuatmen und dabei bis zehn zu zählen. Dann hat die Großhirnrinde die Möglichkeit, die alarmierte Amygdala wieder einzufangen, wieder klar zu denken und die Situation reell zu bewerten. Das ist auch gleich der zweite Schritt: Sofort wieder anfangen, aus den Aufe zu schauen, also wahrzunehmen, was tatsächlich passiert, wie die Situation sich mit gesundem Menschenverstand darstellt um in den meisten Fällen festzustellen, dass es eben nicht die Situation an sich ist, die diese Reaktion in dir ausgelöst hat, sondern deine unbewusste, reaktive und von deinen Mustern geprägte Einschätzung davon.
Strategie
Also: eine erste „Wutstrategie“ kann sein: du merkst, die Emotion kommt, das erfordert allerdings auch schon einiges an Bewusstheit und damit Übung von dir. Du gehst innerlich auf Abstand und bleibst bei deiner Atmung. Du atmest tief durch, zählst bis zehn und wenn du merkst, dass du wieder etwas zur Ruhe kommst, fängst du an, dich ganz bewusst umzuschauen und auch umzuhören. Du nimmst einfach wahr, was ist, ohne zu bewerten un atmest immer ruhiger weiter. So kann dein Denken wieder einsetzen und du kannst dich wieder selbst regulieren.
Sinnvoll ist es, sich anzugewöhnen, immer mehr auf die eigenen Atmung zu achten. Dann fällt das in emotional belasteten Situationen sofort leichter und der Effekt setzt schneller ein.