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Nur ein bisschen Stress?

Oftmals reicht schon ein geringfügig erhöhter Stresspegel, ein bisschen weniger Ruhe als normal, und das Pferd reagiert plötzlich völlig anders als erwartet. So wie ich es letztens erlebt habe, als wir zusammen in der Gruppe im Gelände waren.

Wir sind losgeritten und nach 10 Minuten ist eine der Reiterinnen plötzlich unruhig geworden. Der Sattelgurt war zu locker. Das hat sie verunsichert. Von oben nachziehen wollte sie nicht. Kein Problem, wir haben angehalten, sie ist abgestiegen und konnte so ihren Sattel richten. Ihr war allerdings die Nervosität anzumerken. Sie geriet immer mehr in Stress, der Sattel war inzwischen zwar in Ordnung, aber jetzt galt es ja, wieder hochzukommen, und das Ganze auch noch vor Zeugen. Obwohl wir anderen völlig in Ruhe und geduldig warteten, bis sie fertig war, geriet sie sichtlich immer mehr unter Druck. Ihrem eigenen Druck.

Sie hat dann die Zügel aufgenommen, stellte sich neben ihr Pferd und hob den Fuß, um aufzusteigen. Und plötzlich ging nichts mehr.

Das Pferd reagiert sofort

Die Stute fing sofort an, um sie herum zu kreiseln, ließ ihren Menschen überhaupt nicht mehr an sich heran. An aufsteigen war nicht mehr zu denken. Und das im Gelände und mit Zuschauern. Keine guten Voraussetzungen, um die innere Ruhe wieder zu finden. Das Pferd geriet zudem sichtlich immer mehr in Stress. Dadurch natürlich auch wieder meine Mitreiterin und Schwupps – waren sie drin im Teufelskreis, den sie selber und miteinander aufrecht und am Leben erhielten. Ich habe mir das einen Moment angeschaut und als mir dann recht schnell klar war, dass sie von alleine da so schnell nicht rauskommt, habe ich sie angesprochen. Sie war so mit dem Aufsteigen beschäftigt, dass sie überhaupt nicht reagiet hat. Ich musste sie noch zwei oder dreimal deutlicher und lauter ansprechen, bis ich endlich zu ihr vordringen konnte. Ihre Aufmerksamkeit war damit auf mich gerichtet. Sofort blieb das Pferd stehen. Ich habe ihr dann noch gesagt, dass sie kurz mal innerlich Abstand von ihrem Pferd nehmen, sich auf ihre Atmung konzentrieren und ein paar Mal tief durchatmen soll. Innerhalb kürzester Zeit war sie dann aufgestiegen.

Was war passiert

In dem Moment, in dem meine Begleiterin das “Problem” mit ihrem Sattel festgestellt hatte, kam bei ihr die erste Stressreaktion (==> Was ist Stress?). Sie wurde nervös. Nicht schlimm, aber ihr Körper hat reagiert. Sie wurde ein bisschen starrer, die Atmung wurde schneller und flacher und sie war völlig fixiert auf das Problem. Und so wollte sie dann auch aufsteigen. Mit dem Druck, der sich in ihr aufgebaut hatte. Der erhöhten Muskelspannung, dem höheren Herzschlag, der hektischeren Atmung. Was war das Ergebnis? Das Pferd nahm diese Stressreaktion seines Menschen sofort wahr. Pferde sind da ja, wie wir alle nur zu gut wissen, viel feinfühliger als wir Menschen. Weil sie viel besser darauf achten, was um sie herum passiert. Und was ist die einzige Möglichkeit für ein Fluchttier auf eine drohende Gefahr, die ihr der Stress ihren Menschen signalisierte, zu reagieren? Genau. Flucht.

Stresstunnel

Der Mensch war in seinem “Stresstunnel” gefangen. Fixiert auf das Problem, nicht auf eine mögliche Lösung. Völlig normal, wenn man sich in diesem Modus befindet. Der Körper reagiert mit “Alarm”, das Pferd wird dann gerne mal mit den Augen, den Gedanken und auch emotional fixiert. Logisches Denken, innere Ruhe, ruhige Atmung, alles, was dem Pferd signalisieren würde “alles gut”, sind nicht mehr möglich. Alles ist praktisch komplett eingeschränkt und alarmiert. Alles, einschließlich Pferd. Und das wollte nur eines….weg!

Schnelle Lösung

Die einfachste, schnellste und unkomplizierteste Möglichkeit, das Denken wieder einzuschalten und damit anders handeln zu können ist…. die Atmung zu verändern. Das Pferd ist unruhig und will nicht stehenbleiben. Immer mehr und schneller hinterher treibt es nur immer schneller in die Flucht. Also gilt es, genau das Gegenteil zu tun… stehenbleiben, dem Pferd wieder Raum geben, visuell, mental und emotional. Und erstmal bei sich selber wieder anzukommen. In diesem Modus verlieren wir sozusagen die Verbindung zu uns selber. Und das geht tatsächlich am besten durch die Veränderung der Atmung. In dem Moment, in dem du dich auf deine Atmung konzentrierst, fängst du an wieder Kontakt zu dir selber aufzubauen. Die tiefere Atmung hat direkten Einfluss auf die Stressreaktion. Stress und tiefe, langsame Atmung passen nämlich so gar nicht zusammen. Der Körper reagiert und entspannt sich ein wenig. Das reicht schon, um das Denken wieder einschalten zu können und zu sehen, was da eigentlich los ist.

Realität

Ich arbeite einfach immer wieder gerne mit der Atmung. Das Gute daran ist:

Eine kleine, aber feine Übung, die ich immer wieder gerne mit meinen Klienten einübe, ist “Das Atmen im Quadrat”:

Du atmest vier Sekunden ein….. das ist die erste Seite oben quer vom Quadrat.

Du hältst die Luft vier Sekunden an….. Die Seite rechts nach unten.

Du atmest vier Sekunden aus…… unten quer.

Du hältst die Luft vier Sekunden an……..linke Seite hoch.

Und wieder von vorne.

Das Quadrat stellst du dir dabei Seite für Seite vor.

Das kannst du wunderbar jederzeit einüben. im Bett, beim Auto fahren, beim Mittagessen, wenn der Chef mal wieder Theater macht…. Du wirst sehen, dass sich durch diese kleine, aber wirklich feine Übung, wenn du sie regelmässig machst, dein Stresspegel Stück für Stück herunterfahren lässt – probier es einfach mal aus :-))